Obwohl bereits in der 8.Auflage, kann das Internationale Open in dem 2.500 Einwohner zählenden malerischen Städtchen Paleochora an der Südwestküste Kretas zumindest in Deutschland immer noch als Geheimtipp gelten. Eigentlich erstaunlich. Der nahezu optimale Spielbeginn täglich um 17.30Uhr ermöglicht ausreichend Raum für außerschachliche Aktivitäten. Das Turnier war heuer mit 15 GM sowohl qualitativ als auch quantitativ gut besetzt (über 200 Teilnehmer, darunter gerademal eine Handvoll Deutsche). Paleochora selbst ist reizvoll auf einer kleinen Landzunge gelegen, mit wunderbaren Sandstränden auf der einen und Kiesstränden auf der anderen Seite. Pauschaltouristen bilden glücklicherweise eine deutliche Minderheit, Ferienwohnungen dominieren. Die Temperaturen blieben mit um die 30° auch dank einem häufigen warmen Wind erträglich. Auch blieb trotz der unsäglichen Rolle von Schäuble&Co in den vergangenen Wochen die traditionelle griechische Gastfreundschaft und Herzlichkeit ungetrübt.
Das Turnier selbst lief für mich unter der Rubrik Schadensbegrenzung. Dies hatte primär damit zu tun, dass von neun Gegnern sieben unter 20 Jahren und dementsprechend von ihrer aktuellen ELO-Zahl her völlig unterbewertet waren. Krassestest Beispiel hierfür war ein 16-jähriges Mädchen, welches mit einer ELO-Zahl von 1468 trotz einer (unglücklichen) Niederlage gegen mich eine ELO-Performance von 1850 hinlegte. Hinzu kamen als Gegner u.a. ein 11-jähriger aus Zypern mit einer Zahl von 1700 (!), eine griechische Vizeeuropameisterin (als 15-jährige bereits mit einer Zahl von 2260!), ein 18-jähriger Teilnehmer für Griechenland bei der Jugend-WM (ELO über 2300) und in der Schlussrunde eine Damen-GM, der ich mit einer Niederlage unfreiwillig zum 2.Platz in der Damenwertung verhalf (Partie findet sich unter http://www.chessdom.com/8th-paleochora-open-tournament-live/, dort auch ein interessantes Match von mir aus der 6.Runde) . Aus dieser Aufzählung lässt sich auch bereits das einzige Manko dieses Turniers erahnen. Entweder man wurde hoch- oder runtergelost, mit der Folge, dass ich keine Gegner in der Preisklasse zwischen 1700 und 2200 ELO hatte! Dennoch endete das hervorragend organisierte Turnier (jeder Teilnehmer erhielt u.a. einen Rucksack des Hauptsponsors (einer privatisierten Telefongesellschaft)) für mich versöhnlich. Aus dem Startranglistenplatz 83 wurde der Endranglistenplatz 71, ich nahm den inoffiziellen Titel des besten deutschen Teilnehmers mit und die Ratingzahlen blieben nahezu unverändert. Sieger des Turniers wurde der ukrainische GM Borovikov. Nicht unerwähnt bleiben soll auch das auf grosses Interesse gestossene traditionelle Vierermannschaftsblitz um Mitternacht, wo ich zusammen mit einem polnischen GM und zwei britischen Mitstreitern in der erweiterten Spitzengruppe landete. Bemerkenswert ist, dass hier die Spieltische und Bretter nach draussen auf die Haupteinkaufsstrasse gestellt wurden, unter reger Anteilnahme des um diese Uhrzeit pulsierenden „Nachtlebens“. Fazit: Wer Schach und Urlaub in nahezu optimaler Weise verbinden will, dem sei die 9.Auflage des Turniers im kommenden Juli bereits an dieser Stelle wärmstens empfohlen!